Mit diesem Kongress hatten sich Vorstand und Kongressteam vorgenommen Maßstäbe zu setzen für eine zukunftsorientierte Atmosphäre, die bewährte Anliegen und neue Intentionen miteinander verbinden soll. Deshalb fällt dieser Bericht etwas länger aus.
Schon der Auftakt des Kongresses am Freitagabend machte deutlich: Dieser Kongress kommt anders daher als gewohnt. Die Pianistin Claudia Birkholz und der Hirnforscher Benn Godde setzten mit ihrem von Ralf Besser moderierten Vortrags-Konzert – oder Konzert-Vortrag? – unter dem Titel „Musik im Kopf“ bereits einen wichtigen inhaltlichen Akzent zum Thema Musik und Gehirn.
Claudia Birkholz ließ uns teilhaben an ihren Entdeckungen und Fragestellungen, denen sie als professionelle Musikerin seit vielen Jahren in der Entwicklung und Ausübung von zeitgenössischer Musik nachgeht. Ihr war der Gedanke gekommen, ob die Zurückhaltung der Konzerthörer gegenüber zeitgenössischer Musik in neurologischen Zusammenhangen begründet sein könnte. So hatte sie dem Neurowissenschaftler Ben Godde ihre Fragen gestellt. Beide luden uns an diesem Abend dazu ein, ihre Entdeckungen anhand von grundlegenden Erkenntnissen und musikalischen Hörexperimenten mitzuerleben. Und schon waren wir als Kongressgemeinschaft in angeregte Gespräche verwickelt.
Am Samstag begaben wir uns mit allen Sinnen, Energien und Denkansätzen hinein in einen interaktiven Tag über die Begegnung der Suggestopädie mit den Neurowissenschaften.
Schon in den Vorgesprächen ließ sich die Referentin des interaktiven Vortrags Frau Dr. Katrin Hille, Diplom-Psychologin und Geschäftsführerin des Zentrums für Neuro-wissenschaften (ZNL) an der Universität Ulm von den suggestopädischen Grundsätzen und unseren aktuellen Fragestellungen und Ideen inspirieren. Sie gestaltete Ihren Vortrag geradezu mit Leidenschaft und spürbarer Freude so, dass er den Austausch aller Teilnehmenden des Kongresses unmittelbar ermöglichte.
Das ZNL Ulm widmet unter Leitung von Prof. Dr. Dr. Manfred Spitzer (bereits 2006 zu Gast bei einem Kongress der DGSL) seine wissenschaftliche Tätigkeit seit vielen Jahren der praxisnahen Erforschung der Faktoren gelingenden Lernens.
Im Zentrum des Vortrages von Frau Dr. Hille standen acht Kernaussagen dazu, die sie jeweils mit Forschungsergebnissen und mit aktivierenden Experimenten und Übungen anschaulich verknüpft hat:
Nach Vorstellung jeder These durch Dr. Katrin Hille lud uns Ralf Besser zur Reflexion ein. In spontan entstehenden Gruppen stellten wir uns den folgenden Fragen:
Im Ergebnis haben wir eine Fülle von Anregungen einsammeln können – ein gutes Reservoire für das Weiterdenken und die Weiterentwicklung der Suggestopädie.
Die ausführliche Darstellung der Thesen und Aussagen wird von Ralf Besser derzeit in die neue DGSL-Toolbox eingearbeitet.
Auch dies eine Premiere. Die DGSL-Toolbox ist eine Sammelbox, die wichtige theoretische und methodische Grundlagen der Suggestopädie enthält. Ralf Besser hat sie im Auftrag des Vorstands erstellt. Alle Kongressteilnehmer erhielten die Start-Ausgabe dieser Box zu Beginn des Kongresses und konnten bereits im Verlauf des Kongress mit darin enthaltenen Informationen zu Programm und Inhalten des Kongresses arbeiten.
Der Vorzug: Mit fortlaufenden Ergänzungen z.B. durch die Einarbeitung der Kongress-Ergebnisse, ist die DGSL-Toolbox ein aktuelles Arbeits-instrumentarium; sie wächst sozusagen mit unserer suggestopädischen Arbeit mit. Wir werden jetzt lernen, mit ihr zu arbeiten und sie den Mitgliedern und weiteren Interessenten angemessen anzubieten.
Dieser Impuls zur Weiterentwicklung schwang am Nachmittag weiterhin im Saal, als sich alle Kongressteilnehmenden intensiv mit den von Frau Dr. Hille präsentierten acht Faktoren gelingenden Lernens befassten. Ziel war es, die Zusammenhänge der jeweiligen These zu übertragen auf methodische Ansätze aus der Sicht des suggestopädischen Lehrens und Lernens. Moderiert wurde der Nachmittag von Ralf Besser, begleitet von Frau Dr. Hille und einem weiteren Gast aus der neurowissenschaftlichen Ansatz, dem Trainer und Coach Franz Hütter. Das Aufregende daran: Wir sahen uns als Lehrende und Lernende gleichzeitig gefordert. Und schnell waren wir auch herausgefordert in Gruppen- und Arbeitsprozessen unter dem Eindruck der Verschiedenheit der Lern- und Denkstile, der persönlichen Landkarten von Wissen und Erfahrungen in Theorie und Praxis und auch der unterschiedlichen inhaltlichen und methodischen Bezüge zu Schule und Seminar.
Im Feedback schließlich konnten neben vielfältigen momentanen Arbeitsergebnissen wertvolle Erfahrungen und kritische Aspekte zur methodischen Gestaltung einer solchen Arbeitsphase eingebracht werden, aber auch zum achtsamen Umgang mit uns selbst. Denn unser Ziel bleibt es, in unseren LernKongressen das selbst zu leben, was wir über das Lehren und Lernen wissen.
Und ein Nebeneffekt der Atmosphäre: Franz Hütter entschloss sich in der Inspiration des Moments spontan, Mitglied der DGSL e.V. zu werden.
Der Sonntag schloss den Bogen dann wieder mit Vertrautem und Bewährtem – dem Workshop-Reigen aus vielen spannenden Beiträgen mit bekannten und neuen Referenten – ganz im Sinne der Zielstellung des Kongresses, die Ideen der wissenschaftlichen Bestätigung und Weiterentwicklung der Suggestopädie mit dem Praxistransfer zu verbinden. Ein Dankeschön an alle Vortragende und Referenten.
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Treffpunkt zwischendurch: Kaffeebar und Restaurant. Die Stimmung beim Wiedersehen im Abschlussfeedback: so wie erhofft – angeregt, ein bisschen erschöpft, aber zufrieden.
Unser Dank gilt allen, die den Kongress so möglich gemacht haben: den Ausdenkern und Organisatoren in Vorstand und Kongressteam, den Helfern vor Ort, dem Team vom Hessen Hotelpark Hohenroda, vor allem aber den Mitwirkenden und allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die sich mit ganzem Herzen, allen Sinnen und ihrem Wissen einbrachten.
Text: Carola Arnold
04. - 06. November 2016
HESSEN HOTELPARK HOHENRODA